Obwohl wir in einer höchst interaktiven und partizipativen Welt leben, ist es gar nicht so leicht, Menschen zum Mitmachen anzuregen. Ob bei Events, Promotions oder öffentlichen Installationen, nicht selten reagieren Menschen skeptisch, atmen erst mal tief durch, wenn es heißt, man müsse aktiv mitmachen. Was kann man also unternehmen, um Interaktion nicht zu erzwingen, aber anzuregen?
1. Gehe individuell auf Deine Zielgruppe ein
Das wichtigste ist seine Zielgruppe vorher gut zu kennen. Sind die angesprochenen Menschen locker und beteiligen sich gerne? Oder gehören sie zu den Skeptikern, die Frontalvorträge gewohnt sind? Je nachdem wen Du vor Dir hast, musst Du behutsamer und sensibler vorgehen, die Interaktion stückweise und mit Steigerung dramaturgisch aufbauen. Auch das, was Du machst, muss auf Deine Gäste abgestimmt sein. Sehr spielerische Elemente sind nicht für jeden geeignet, ebenso wie klassische Gruppenarbeiten mit Flipchart. Was für den einen gegebenenfalls zu albern, ist für den anderen zu langweilig.
2. Gib ihnen etwas Zeit, Raum und ggf. Anregungen
Lass Deinen Teilnehmern etwas Zeit, um sich auf ihre Aufgabe einzustellen. Kaum angekommen und schon soll man schwierige Fragen beantworten? Niemand wird gerne überfallen oder unter Druck gesetzt. Eine Ausstellung oder ein kurzer Vortrag, die thematisch inspirieren, oder aber vorbereitete Beispiele, die man sich erst mal in Ruhe anschauen kann, können je nach Rahmen ein guter Einstieg sein.
Auch räumlich sollte man für ein angenehmes und passendes Umfeld sorgen. Um ein interaktives Exponat herum sollte z.B. genug Platz sein, sodass sich niemand von anderen Teilnehmer bedrängt fühlt. Ein nicht zu großer oder zu kleiner Meetingraum mit anregendem und ansprechendem Ambiente wird z.B. eine Gruppenarbeit und die Interaktion untereinander ebenso begünstigen.
3. Sorge für klare oder selbsterklärende Abläufe
Eine Gruppe, die gemeinsam etwas erarbeiten soll, braucht klare Regeln und gute Informationen – zumeist auch einen Moderator! Alles andere führt zu Chaos und Unstimmigkeiten. Bevor es losgeht muss jedem klar sein, was zu tun ist, wie es zu tun ist und bis wann es zu tun ist.
Beispiel: Für Gruppenarbeiten gibt es bereits entwickelte Methoden, um bestimmte Aufgaben gemeinsam besser zu lösen, Inhalte zu reflektieren oder andere Blickwinkel zu erhalten. » Hier sind fünf exemplarische Methoden für Seminare und Meetings
Wenn es keine feste Gruppe oder Zeiten gibt, und die Teilnahme freiwillig ist, sollte das interaktive Exponat selbsterklärend sein oder eine kurze(!) verständliche Erklärung beiliegen. Wer sich zu lange mit dem Ablauf beschäftigen muss, wird die Lust verlieren!
4. Minimiere mögliche Hürden
Bei allen Interaktionen sollten die Hürden der Teilnahme so gering wie möglich sein. Eine komplizierte Nutzerführung, eine notwendige Anmeldung vorab oder ein unverständlicher Ablauf lässt viele Menschen schnell abbrechen. Mögliche Hürden können je nach Zielgruppe auch unterschiedlich aussehen: zum Beispiel sind digitale Medien nicht immer die beste Wahl, wenn man möglichst viele, verschiedene Menschen erreichen möchte. Nicht jeder kommt mit digitalen Medien gut klar.
5. Nutze spielerische und haptische Elementen
Spielerische und sensorische Elemente können den Spieltrieb und damit auch das Mitmachen anregen.
Beispiel: Das Studio Matthews hat für das Design-Festival in Seattle einen Pop-Up-Space entworfen. Ziel des Raumes war es Menschen dazu anzuregen, ihre Ideen, Geheimtipps und Vorstellungen bezüglich „Design und Seattle“ miteinander zu teilen. Nicht zuletzt sollte gemeinsam ein übergroßer Brief an die Stadt geschrieben werden. Die Lösungen: Eine räumliche Karte von Seattle, auf der man Design-Geheimtipps und Hot Spots auf ein Fähnchen schreiben und es in vorbereitete Löcher stecken konnten. Der Brief bestand aus einer verlängerbaren Rolle Packpapier, die mit Buchstaben-Stempeln beschrieben wurde. In beiden Fällen wird man von räumlichen, haptischen und spielerischen Elementen angelockt und animiert mitzumachen. » Mehr über den Pop-Up-Space von Studio Matthews
6. Fokussiere Dich auf das Wichtigste
Wenn man etwas Bestimmtes, eine Handlung, Stimmung oder Reaktion, erreichen möchte, ist es sinnvoll, sich auf das aller Wichtigste zu fokussieren. Begrenze Dich auf wenige, aber klare Ziele. Gib den Teilnehmer nicht zu viele, aber eindeutige Optionen. Wer noch einen Schritt weitergehen möchte, kann auch ablenkende Reize möglichst ausblenden.
Beispiel: Die Designerin Marije Vogelzang hat ein gemeinsames Weihnachtsessen auf das aller Wichtigste – das Miteinander – reduziert. Keine Show oder üppige Deko lenkte ab. Durch ein von der Decke hängendes Tischtuch hat sie zudem den umliegenden Raum sowie die individuelle Kleidung ausgeblendet. Um den Fokus auf das Miteinander noch weiter zu fördern, wurde das Essen so serviert, dass die Gäste es untereinander teilen, Brot füreinander schneiden und sich gegenseitig Wein einschenken mussten. » Mehr über Marije Vogelzang Experiencedesign
7. Verdeutliche die Sinnhaftigkeit
Empfundene Sinnhaftigkeit ist ein wichtiger Motivator. Wer keinen Sinn in seiner Teilnahme sieht, wird auch nicht (gerne) mitmachen. Bei Gruppenarbeiten in einer Firma sollte man daher über die Vorgeschichte Bescheid wissen (Wurden die Mitarbeiter schon mal enttäuscht?) und vorher deutlich machen, welchen Sinn die Teilnahme hat, was genau mit den Ergebnissen passiert und ob sie tatsächlich ernst genommen werden.
Bei öffentlichen, interaktiven Exponaten muss jeder selbst einschätzen, ob es etwas bringt, z.B. seine Meinung auf eine Tafel zu schreiben. Es gibt aber auch äußerliche und beeinflussbare Merkmale, die wir mit Sinnhaftigkeit verknüpfen: Verstehe ich die Idee dahinter und hat sie eine gesellschaftliche Bedeutung oder Relevanz? Erreicht die Aktion überhaupt jemanden? Macht sie einen glaubhaften, ernstzunehmenden Eindruck? Verständlichkeit, Relevanz, Ort, die empfundene Reichweite und das Erscheinungsbild sollten daher nicht unterschätzt werden.
8. Nutze Humor und Emotionen
Humor ist ein sehr gutes Mittel, um Aufmerksamkeit und Sympathie zu gewinnen – und darüber auch die Wahrscheinlichkeit einer Interaktion zu erhöhen. Daher darf es auch ruhig lustig werden. Das Problem daran: lustig zu sein, ist gar nicht so leicht! Das führt zu einem weiteren Problem: wer versucht lustig zu sein, es aber nicht schafft, hat komplett verloren. Diese schwierige Gratwanderung ist vermutlich der Grund dafür, dass Humor ein selten genutztes dramaturgisches Mittel in der Eventbranche ist.
Gleiches gilt für Emotionen. Wenn wir es schaffen, Menschen mit einem Thema zu berühren, steigt die Handlungswahrscheinlichkeit. Storytelling ist in diesem Kontext ein wichtiges Mittel. Eine schnell und leicht verständliche sowie emotionale Geschichte kann viel bewirken.
Beispiel: Für Misereor hat Kolle Rebbe ein interaktives Spendenplakat entwickelt, bei dem man mit der Kreditkarte 2 Euro spenden konnte. Nicht nur die Bilder erzählten eine eindeutige und leicht verständliche Geschichte, auch die Handlung des Spenders wurde dabei einbezogen: beim Durchziehen der Kreditkarte schnitt man auf dem Bildschirm gleichzeitig eine Scheibe Brot ab. So wird die Spende und ihre Bedeutung mit einer emotionalen Geschichte verdeutlicht, angeregt und belohnt. » Mehr über das interaktive Spendenplakat
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