Seit dem Loveparade Unglück in Duisburg haben Diskussion und Auseinandersetzungen mit dem Thema Sicherheit bei Veranstaltungen spürbar und zu Recht zugenommen. Konkrete politische Konsequenzen, die so ein Unglück in Zukunft verhindern könnten, sind jedoch kaum zu erkennen. Zum größten Teil bleibt es eine individuelle Entscheidung des Veranstalters und der Behörden, wie verantwortungsvoll man das Thema Veranstaltungssicherheit angeht. Unklare Orientierungen sowie keine einheitliche Festschreibung notwendiger Qualifikationen machen die Situation bedenklich.
Zuständige Mitarbeiter benötigen nach wie vor keine konkreten Qualifikationen oder Fachwissen, um Sicherheitskonzepte für Events zu erstellen und zu prüfen. So übernehmen nicht selten unerfahrene oder in diesem Bereich nicht ausgebildete Mitarbeiter aus Kommunen oder Eventagenturen diese verantwortungsvolle Aufgabe. Möglich macht es eine Lücke in der existierenden Verordnung für Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen nach § 43 Versammlungsstättenverordnung, die nicht festlegt, wer ein Sicherheitskonzept überhaupt erstellen darf und über welche Aus- oder Weiterbildung er verfügen muss.
Daneben erschweren zudem uneinheitliche Richtlinien das Prüfen und Schreiben von Sicherheitskonzepten, was der EVVC bereits mehrmals thematisiert und kritisiert hat.
So bleibt es nach wie vor eine individuelle Entscheidung des Veranstalters und der Behörden, wie verantwortungsvoll man das Thema Veranstaltungssicherheit angeht. Nicht zuletzt hängt es dann an der Bereitwilligkeit Mitarbeiter weiterzubilden oder erfahrene und qualifizierte Fachleute hinzuzuziehen. Doch auch hier gibt es noch viele offene Fragen: welche Weiterbildung ist wirklich sinnvoll und inhaltlich fundiert? Wer gilt als qualifizierter Fachmann?
Neue FH Weiterbildung könnte Wissensniveau für Sicherheitskonzepte steigern
Ein neues Weiterbildungsangebot möchte das Fachwissen rund um Sicherheitskonzepte für Events vertiefen und wird seit Kurzem an der Fachhochschule Köln in Kooperation mit der EurAka Baden-Baden angeboten. Der Weiterbildungslehrgang „Fachplaner und Leiter Besuchersicherheit“ ist speziell dafür entwickelt worden, um Planungs- und Leitungsverantwortliche im Veranstaltungsmanagement dazu zu befähigen Sicherheitskonzepte zu schreiben.
Im Gegensatz zu zahlreichen ein- oder zweitägigen Weiterbildungen umfasst der Lehrgang 17 Seminartage. Er richtet sich an studierte Führungskräfte oder Meister aus Branchen wie Veranstaltungstechnik, Baugewerbe, technische Gebäudeausrüstung oder eines artverwandten Berufs. Die Einbindung Disziplinen übergreifender Ausbilder lässt hoffen: von Professoren und Fachleuten aus Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr und Brandschutzingenieurwesen über Psychologie, Feuerwehr und Rettungsdienst bis zu Veranstaltungstechnik, Recht und Eventmanagement. Das Kursentgelt beträgt 3.740,00 Euro.
Event-Tipps zum Thema: Dieses Angebot ist sicherlich nicht die einzige Möglichkeit, sich zum Thema Veranstaltungssicherheit weiterzubilden! Mögliche weitere Hinweise und Tipps von Kollegen kannst Du vielleicht auf der I-ESC – International Event Safety Conference am 12.3.2014 im Rahmen der Eventplaza und Prolight + Sound erhalten! Ebenfalls zu empfehlen ist das Symposium Sicherheitsmanagement der Feuerwehrakademie Düsseldorf, von dem wir 2012 berichtet haben.
Interview mit einem der ersten Absolventen, Bela Königes
Bela Königes ist Meister für Veranstaltungstechnik und gehört zu den ersten Absolventen der FH Weiterbildung „Fachplaner und Leiter Besuchersicherheit“. Wir haben ihn nach seinen Eindrücken und Meinungen zum neuen Lehrgang gefragt.
Du warst unter den ersten Absolventen der Weiterbildung „Fachplaner und Leiter Besuchersicherheit“ der FH Köln. Was fandest Du besonders wichtig, interessant oder für Deinen künftigen Berufsalltag in diesem Bereich besonders gewinnbringend?
Bela: Die Highlights waren die Ingenieurvorlesungen über Gefährdungsbeurteilung, Risikoanalyse, Brandschutz und Psychologie. Die universitäre Struktur der Fachhochschule Köln vermittelt hier viel Wissen, das Führungskräfte in die Veranstaltungswirtschaft transferieren können.
Was könnte Deiner Meinung nach noch verbessert werden?
Bela: Wie in allen Weiterbildungen, die ich kenne, ist die didaktische Gestaltung optimierbar. Theoretische Inhalte mit praktischen Handlungsanweisungen zu kombinieren und an Projekten anzuwenden, ist ein Anspruch in der Vermarktungsstrategie von beruflicher Bildung. Leider jedoch selten gelebte Praxis in den Lehrveranstaltungen.
Fairerweise muss man auch sagen, dass es gerade in der noch relativ jungen Veranstaltungswirtschaft extrem wenig DozentInnen gibt, die mit beruflicher Praxiserfahrung handlungsorientiert lehren können.
Was könnte die Weiterbildung im Bereich Veranstaltungssicherheit tatsächlich beitragen, verändern oder verbessern?
Bela:
1. Theoretische Grundlagen schaffen, um Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen zu erstellen und zu beurteilen
2. Fachlichen Austausch von Menschen fördern, die in unterschiedlichen Positionen und Rollen am Thema Besuchersicherheit arbeiten
3. Erhöhung des fachlichen Niveaus von Sicherheitskonzepten
4. Schärfung des Bewusstseins wann und in welchem Umfang Sicherheitskonzepte erforderlich sind
Wer rund um die Veranstaltungsbranche sollte sich dort idealerweise weiterbilden?
Bela: Weiterbilden sollten sich idealerweise alle Menschen, die in leitenden Positionen an Genehmigung und Umsetzung von Großveranstaltungen beteiligt sind. Also: Veranstalter, Technische Fachplaner, Betreiber, Behörden, Feuerwehr und Rettungsdienst.
Wie viele Teilnehmer und welche Berufsgruppen waren tatsächlich beim ersten Kurs neben Dir dabei?
Bela: Es waren 15 TeilnehmerInnen. Darunter Ingenieure aus der Veranstaltungstechnik, Meister aus der Veranstaltungstechnik, Verwaltungsmitarbeiter (Ordnungsamt, Bauamt), Leitende Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr, Architekten und Mitarbeiter des Rettungsdienstes.
Denkst Du, dass Verwaltungsangestellte, Eventplaner und -techniker das Angebot in ausreichender Zahl nutzen werden? Zum einen bedarf es ja eines Studiums oder einer Meisterausbildung, was nicht jeder hat. Zum anderen ist die Weiterbildung mit 3.740,00 Euro nicht gerade günstig. Ein Bereich bei dem bedauerlicherweise nicht jeder einsieht, Geld zu investieren.
Bela: Die berufliche Praxis der regelkonformen Umsetzung von Großveranstaltungen erfordert Weiterbildung im Bereich Besuchersicherheit. Menschen, die in der beruflichen Praxis regelkonform Probleme lösen wollen, werden sich auf dem Gebiet weiterbilden müssen, das ist keine Frage des Geldes sondern der fachlichen Notwendigkeit. Wer sich nicht weiterbildet und das Thema Besuchersicherheit im beruflichen Alltag auf der Agenda hat, wird schnell merken, dass man auf Dauer keine Lösungen mehr entwickeln kann, weil das fachliche Know-How dazu fehlt.
Ob das investierte Budget der TeilnemerInnen angemessen ist, ist wie bei vielen Weiterbildungen fraglich. Wie soll man das objektiv bewerten?
Das Thema Besuchersicherheit müssen Führungskräfte (mit Studium oder Meister) gestalten, da es um Koordination von mehreren Beteiligten mit unterschiedlichen Interessen geht. Das Denken als Führungskraft ist dafür essentiell notwendig. Daher halte ich eine Ausbildung als Führungskraft für die Teilnahme am Lehrgang für erforderlich.
Vielen Dank, Bela!
Foto: Andy Davison / Flickr
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