Bei Marketing-Events möchten wir, dass Menschen uns zuhören, uns ihre Aufmerksamkeit schenken. Nicht selten fallen wir dem Trugschluss zum Opfer, wir müssten dafür durchgehend laut und visuell eindrucksvoll sein. Doch genau das führt dazu, dass niemand zuhört, erklärte Mathis Nitschke, Konzeptioner, Komponist und Sounddesigner, in seinem Vortrag auf der Eventplaza. Wer Aufmerksamkeit erzeugen möchte, braucht Kontraste – emotionale und auch sensorische. Der Klang ist dabei ein mächtiges und oft unterschätztes Mittel, damit Menschen nicht nur zuhören, sondern auch umso genauer hinschauen.
Eine freie und kommentierte Zusammenfassung des Vortrags
Doch zunächst anders herum gefragt: Warum hören Menschen nicht zu? Nicht selten liegt es laut Mathis an drei Grundvoraussetzungen, die fehlen oder missachtet werden.
- Relevanz: Wenn Menschen zuhören und -schauen sollen, dann muss der dargebotene Inhalt ihre Interessen treffen. Eine einfache Regel, trotzdem wird sie nicht selten übergangen.
- Kulturelle Absprachen und Zeichen zur Aufmerksamkeit: Das Licht geht aus, der Vorhang auf. Der Gastgeber stößt mit dem Messer an ein Glas. Es gibt kulturelle Absprachen und Zeichen, die uns sagen, was wir tun sollen – in dem Fall ruhig werden und zuhören. Wenn diese Zeichen fehlen oder sie nicht verstanden werden, kann das zuweilen sogar zu Trotz führen. Dann hören wir erst recht nicht zu, weil die Regeln nicht eingehalten wurden.
- Die Fähigkeit zuzuhören: Zuhören ist ein aktiver Prozess. Wir müssen abschalten, uns konzentrieren, uns dafür entscheiden zuzuhören und andere Aktivitäten einzustellen. In unser hektischen und schnelllebigen Welt fällt uns das immer schwerer. Durchaus ein Problem für Events.
Doch selbst, wenn die Grundvoraussetzungen gegeben sind, die Macht des Klangs hat viele weitere und effektvolle Facetten, die Mathis in seinem Vortrag anschaulich erklärt hat.
Die Macht des Klangs verstehen und nutzen
Geräusche haben einen enormen Einfluss auf uns. Vogelgezwitscher beruhigt und entspannt uns. Eine laute und unruhige Brandung warnt uns dagegen. Klang wird emotional bewertet, nicht rational. Wir schließen vom Geräusch auf Gefahren, auf das Gemüt – des Waldes, des Meeres, aber auch des Menschen. Wenn ein Redner selbst nicht an das glaubt, was er sagt, wenn er nicht überzeugt ist, hören wir das. So kann alleine die Stimme des Chefs eine ganze Inszenierung zerstören, weil beide sich widersprechen, andere Signale aussenden und so Misstrauen erzeugen. Vielleicht war/ist das ein Geheimnis der schlichten, aber mitreißenden Präsentationen von z.B. Steve Jobs und Elon Musk – ihre überzeugte Stimme?!
Zu diesem mächtigen Instrument gehört natürlich auch Musik. Kaum etwas kann uns so stark emotional bewegen wie Musik. Musik beeinflusst auch anderen Sinne. Zum Beispiel das, was wir sehen. Schnelle Musik lässt uns schnelle Bilder stärker wahrnehmen. Langsame Musik lenkt uns eher auf die langsamen Bilder.
Beim Zusammenspiel von beispielsweise Bildern und Musik haben wir auch ein sehr feines Gespür und reagieren entsprechend empfindlich, z.B. wenn Musik unpassend ist. Das erzeugt kognitive Dissonanz. Wenn emotionales Erleben und sensorisches Wahrnehmen nicht zusammenpassen, misstrauen wir dem Geschehen oder verlieren das Interesse. Die Folge im aller schlechtesten Fall, der Todfeind eines jeden Events: Langeweile stellt sich ein.
Doch kognitive Dissonanz ist nicht generell schlecht. Sie ist heute auch ein sehr wirksames, inszenatorisches Mittel. Zu wenig Dissonanz wird schnell langweilig. Zu viel nervt oder stört. Es sind am Ende die handverlesenen Kontraste, die das Beste rausholen. Durchgehend laute Events funktionieren nicht. Sie überladen und überfordern uns mit sensorischen Eindrücken. Wer laut sein will, muss auch leise sein!
Diese Spannung und Aufmerksamkeit erzeugenden Kontraste kann man nicht nur innerhalb eines Sinnes (laut & leise, hell & dunkel) erzeugen, sondern auch indem man zwischen den Sinnen wechselt (sehen & hören). Beispielsweise kann man auf einem Event mit einem Hörspiel auf ein neues Automodell einstimmen. Die Bühne wird dunkel, der Moderator hört auf zu reden und hört zu. Eine inszenierte Geschichte ist zu hören: zwei Menschen steigen in ein Auto, sprechen über das Auto. Die Aufmerksamkeit ist komplett auf das Zuhören gelenkt. Nachdem das Auto losfährt, geht das Licht an und es erscheint auf der Bühne. Dieser Wechsel zwischen den Sinnen erzeugt nicht nur Abwechslung. Die visuelle Dunkelpause sorgt gleichzeitig dafür, dass alle folgenden visuellen Eindrücke umso stärker wahrgenommen werden. Es sind nicht alleine die jeweiligen Inhalte, es sind die sensorischen Kontraste, die maßgeblich mitwirken!
Was viele beim Thema Klang vergessen: auch Stille gehört dazu. Sie strahlt eine Art Weisheit, Ehrwürdigkeit aus. Nicht umsonst liegt in hochwertigen Hotels oder Banken dicker Teppich, der die Akustik dämpft. Wir sollten daher auch die Stille bewusst nutzen und Menschen bei Events auch mal Ruhe gönnen.
Wie der Vortrag sehr gut verdeutlicht, Klang verfügt über enorme Macht, Emotionen auszulösen und die Aufmerksamkeit zu lenken. Deswegen muss der Sound dem Visuellen ebenbürtig sein, so Mathis. Sein Vorschlag lautet daher nicht, den besten und teuersten Techniker zu buchen, sondern Sound von Anfang an in der Konzeption einzubinden. Musik und Klang entwickeln nur dann ihre Kraft, wenn sie im Gesamtkonzept gezielt eingesetzt werden.
Zu einem gezielten Einsatz gehört für Mathis auch der Mut zur Lücke! Nicht alles auf einem Event muss auch alles kommunizieren. Jedes Medium, jeder Bestandteil eines Events hat seine Stärken, um etwas zu kommunizieren und einen bestimmten Sinn anzusprechen. Bilder, Texturen, Klänge, Geschmäcker, Gerüche – wenn man ihre jeweiligen Stärken bewusst und fokussiert einsetzt, und die jeweils anderen ausblendet, schafft man Abwechslung, Kontraste und Aufmerksamkeit. Letztlich erreicht man das, was man sich bei Marketing-Events so sehr wünscht: die Menschen hören zu!
Vortrag von Mathis Nitscke: Jetzt hört doch mal zu!
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