In der Eventbranche und Live-Kommunikation gibt es viele Selbständige, Event-Konzeptioner, Messe-Designer oder andere Kreative. Wenn man sich in einem ähnlichen Bereich selbständig macht, spielt man vielleicht mit dem Gedanken auch Freiberufler zu sein. Das Freiberufler-Dasein hat den Vorteil, dass man als solcher keinen Gewerbebetrieb unterhält und somit keine Gewerbesteuerpflicht besteht. Doch Freiberufler ist man als Freelancer oder Selbständiger nicht automatisch – nur ganz bestimmte Berufsgruppen werden beim Finanzamt als Freie Berufe anerkannt. Daher sind sie auch als Katalogberufe bekannt.
Insgesamt durchaus ein Anreiz, aber auch ein Risiko – wenn man zum Beispiel davon ausgeht, man gehöre den Freien Berufen an, und nach einigen Jahren Berufstätigkeit das Finanzamt anderer Meinung ist.
So ist es Philipp [Anm.: Name von der Redaktion geändert] ergangen, der sich kürzlich an uns gewandt hat. Als Event-Konzeptioner war er 3 Jahre lang selbständig und ging fest davon aus, dass er Freiberufler ist. Nachdem er mittlerweile wieder Angestellter ist, meldete sich das Finanzamt bei ihm – schätzt die Sachlage anders ein – und fordert nun die Gewerbesteuer nach. Ein Beruf und Abgrenzungsproblem, das dem Bundesverband der Freien Berufe (BFB) nach eigener Aussage als klassischer Fall bekannt ist.
Doch wie kann das sein? Nun, es gibt Freie Berufe oder sogenannte Katalogberufe, die eindeutig sind. Darunter fallen u.a. Künstler, Schriftsteller, Journalisten und eine Reihe anderer. Problematischer wird es bei „ähnlichen Berufen“, die im § 18 EStG ausdrücklich eingeschlossen werden. Wikipedia zählt hier u.a. Regisseure, Choreografen und Designern auf, die darunter fallen. Sicher gehen, das man als solcher dann Freiberufler ist, kann man trotzdem nicht.
Auf Anfrage beim Finanzministerium NRW erhalten wir die Antwort:
Ein »ähnlicher Beruf« muss mit einem der Katalogberufe in wesentlichen Punkten, das heißt in Ausbildung und beruflicher Tätigkeit vergleichbar sein. Die vorkommenden Fallgestaltungen sind so vielfältig, dass sie sich einer kompakten Darstellung entziehen.
Kurzum: so genau kann man das nicht sagen.
Denn es sind sowohl Ähnlichkeiten zu anderen Katalogberufen zu berücksichtigen, die Ausbildung als auch der Tätigkeitsbereich. Doch das sind bei der Vielfalt der heutigen Berufe und Ausbildungen alles sehr weiche und subjektiv interpretierbare Faktoren, die zu Unstimmigkeiten führen können, wie uns der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) bestätigte:
Zu Unstimmigkeiten kann es nur bei katalogähnlichen Berufen kommen, nicht jedoch bei den Katalogberufen. Die Einordnung zu den Freien Berufen ist dann auch von Seiten des Finanzamts unverbindlich. Es kann jederzeit vorkommen, dass eine seinerzeit als freiberuflich eingestufte Tätigkeit plötzlich als gewerblich eingestuft wird. Gründe hierfür können sein eine Veränderung der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit oder aber auch ein Personalwechsel im Finanzamt. Jede freiberufliche Tätigkeit ist und wird – sofern es sich nicht um einen Katalogberuf handelt – als Einzelfall beurteilt; die Beurteilung ist daher oft subjektiv und kann sich auch mehrfach ändern.
[…]
Beispiele gibt es zahlreiche: z.B., ist der Fotograf oder Restaurator Künstler (freiberuflich) oder Handwerker (gewerblich)? Letztlich kann es bei jeder katalogähnlichen Tätigkeit zu Abgrenzungsproblemen kommen. Notfalls muss die Obere Finanzdirektion eine rechtsverbindliche Entscheidung herbeiführen.
Nun mag man auf die sinnvolle Idee kommen, seine Sachlage beim Finanzamt überprüfen und bestätigen zu lassen. Aber eine Absicherung, ob man tatsächlich zu den Freien Berufen zählt gibt es nicht, es sei denn, man übt einen der Katalogberufe aus, so der Bundesverband der Freien Berufe (BFB). Das Finanzamt NRW weist immerhin auf die Möglichkeit hin vor Aufnahme der Tätigkeit ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (§ 89 Abs. 2 der Abgabenordnung) in Betracht [zu ziehen]. Für die Bearbeitung eines solchen Antrags kann eine Gebühr erhoben werden, § 89 der Abgabenordnung. Ich würde in jedem Fall dazu raten, diese Gebühr zu investieren.
Aber Vorsicht, gerade bei Selbständigen ändert sich die Tätigkeit schon mal im Verlauf der Zeit. Man merkt, dass ein Angebot besser läuft als das andere und verlagert oder erweitert seine Tätigkeit. Das kann dazu führen, dass man seinen freiberuflichen Status verliert oder neben freiberuflichen Einkünften auch gewerbliche hat – sprich doch Gewerbesteuer abführen muss – trotz „verbindlicher Auskunft“.
Das Finanzamt NRW führt uns gegenüber dazu aus:
Es gibt […] Fallgestaltungen, in denen eine an sich freiberufliche Tätigkeit gesetzlich in eine gewerbliche Tätigkeit umqualifiziert wird: So erzielt eine Personengesellschaft, in der neben der freiberuflichen Tätigkeit auch eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird, insgesamt gewerbliche Einkünfte, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG. Beispiel: Neben der ärztlichen Tätigkeit werden in einer Zahnärztegemeinschaft Mundduschen und elektrische Zahnbürsten verkauft. Das führt dazu, dass auch aus der an sich freiberuflichen ärztlichen Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden.
Wer also tatsächlich mit dem Gedanken spielt, einen katalogähnlichen Freien Beruf zu ergreifen, sollte sich sehr genau informieren, am besten eine verbindliche Auskunft des Finanzamtes einholen und auf die Entwicklung seiner Tätigkeit achten. Genauigkeit, die Dich vor einer bösen Überraschung schützt!
Um am Ende nochmal auf den Fall von Philipp zurück zu kommen. Er klagt derzeit gegen die Forderungen des Finanzamtes – weswegen wir hier auch nicht genauer auf den Fall eingehen können. Doch seiner Meinung nach ist die Ähnlichkeit zwischen einem Event-Konzeptioner und u.a. einem Regisseur, Choreografen und Designer in allen Punkten und in seinem Fall eindeutig. Der Ausgang ist noch offen.
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