Im ersten Teil unserer Zusammenfassung des multisense Forums ging es um das multisensorische Gehirn – was und wie Menschen am besten lernen und wie wir unsere Kommunikationsziele bei Kunden am besten verankern können. Zu verstehen wie das menschliche Gehirn funktioniert, ist eine wichtige Basis um die Wirkung und den Nutzen von Multisensorik nachvollziehen zu können. Aber nun – gleich danach – kommen wir in diesem zweiten Teil der Zusammenfassung zu konkreten Tipps und Herangehensweisen bei der ganzheitlichen Markenführung mit multisensorischen Reizen.
Dies ist der 2. Teil einer Artikelreihe. Einen » Überblick aller Artikel findest Du hier!
5-Sense Branding – von der Markensteuerung zum Markenerlebnis
Erschließung neuer Dimensionen in der Markenführung – Notwendigkeit eines interdisziplinären Ansatzes – Betrachtungen zur Marke als Wirkungsraum
Prof. Uli Mayer-Johannsen
CDO, MetaDesign, Berlin
Frau Prof. Uli Mayer-Johannsen gab als Mitgründerin einer der ersten ganzheitlich und multisensorisch ausgerichteten Agenturen, praktische Ratschläge was dem heutigen Kunden wichtig ist und wie man einen ganzheitlichen Firmen-Auftritt konzipiert.
Lauter, schneller, bunter wirkt heute nicht mehr! Im Angebotsüberfluss und der Werbeflut kann man mit den klassischen Werbemitteln nicht mehr viel erreichen. Der Mensch hat sich an Werbung gewöhnt, kann sie ausblenden und lässt sich nicht mehr so schnell überraschen. Emotionen sind der Schlüssel zur Aufmerksamkeit des Kunden! Der langfristig gesehen erfolgreichste Weg ist daher die emotionale Kraft seiner Marke zu entdecken, sie zu entfalten und richtig zu lenken.
Gleichzeitig ist der Kunde aber auch aufgeklärter, erwartet einen wirklichen Mehrwert und ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit. Der heutige Kunde will also nicht nur emotional, sondern gleichzeitig auch rational überzeugt werden. Die Schlussfolgerung dieser beiden Aspekte ist eine ganzheitliche, schlüssige und über alle Sinne agierende Kommunikation!
Eine schwierige Situation, bei der es nicht nur durchdachter, einzelner Aktionen bedarf, sondern einen ganzheitlichen und auf Gefühle, Sinne ausgerichteten Auftritt, der stimmig ist und keine Widersprüche erzeugt. Das heißt, dass das Design, der Slogan, das Werbeplakat, der Jingle etc. alle die gleichen Ziele, Inhalte und Emotionen verfolgen, bei dem Kunden die gleichen Assoziationen und Reaktionen erzeugen, den gleichen Eindruck hinterlassen müssen! Sicher sind viele Unternehmen überzeugt, ihr Auftritt sei schlüssig und eindeutig, aber das gilt es sehr genau zu hinterfragen und zu prüfen. Das was zählt ist, wie der außenstehende Kunde das Unternehmen wirklich wahrnimmt – nicht dass was das Unternehmen zu kommunizieren bemüht ist! Kommunikation ist eben nur das was ankommt!
Aber wie schafft man nun einen einheitlichen Auftritt? Dafür sollte man sein Produkt, sein Angebot in Einzelteile zerlegen: was ist der Mehrwert Ihres Produkts, wie und wo nutzt der Kunde das Produkt, wo hebt sich das Produkt von der Konkurrenz ab usw.? Erst aus diesen grundsätzlichen Ergebnissen definiert man Ziele und Strategien und beschränkt sich auf einige wenige, aber aussagekräftige und nach Möglichkeiten nicht allgemein gern genutzte Attribute (wie beispw. professionell, innovativ etc.) für das eigene Unternehmen! Strategie, Design und Funktion müssen stets darauf aufbauen und so im Einklang sein!
Dabei sollte man sich stets auf die zentralen, wichtigsten und zu dem Produkt passenden Elemente konzentrieren. Nur weil etwas möglich ist, ist es nicht unbedingt die richtige Strategie! Weniger ist mehr, aber das „Wenige“ dafür sehr gut, gezielt und wirksam eingesetzt!
Begreifbare Versprechen – Einsatzmöglichkeiten, Wirkungsmessung und Differenzierungspotentiale haptischer Reize in der Marketingkommunikation
Dr. Oliver Nickel
Member of the Executive Board, Icon Added Value, Nürnberg
Schöne und konkrete Beispiele wie man Haptik in der Kommunikation einsetzen kann und welchen Nutzen sie bei sinnvollem Einsatz für ein Produkt oder eine Marke hat, verdeutlichte Dr. Oliver Nickel in seinem Vortrag beim multisense Forum.
Haptische Reize und Eindrücke sind – wie wir bei Prof. Dr. Dr. Spitzer gelernt haben – nicht nur für das Gehirn besser zu verarbeiten, sie werden in unserer heutigen Welt auch immer normaler und öfter genutzt. Es fängt bei einer einfachen und heute gängigen Begrüßung mit Umarmung an und geht bis hin zu Augmented Reality Entwicklungen, die digitale Erweiterungen der realen Welt heute schon mit haptischen Eindrücken ergänzen können. So heißt es nicht umsonst „experience and I understand“ – der Mensch versteht und begreift Kommunikationsziele über haptische Eindrücke, die er ertasten kann bzw. von denen er weiß, wie sie sich anfühlen, besser!
Wie kann man diese Erkenntnis nun konkret im Marketing einsetzen? Unternehmen sollten ihre Kunden mit dem Design ihres Produkts, mit der Haptik ihrer Werbung an z.B. die Oberfläche und somit die frische einer Orange erinnern oder sie spüren lassen, wie sich die Haut vor und nach Nutzung ihrer Creme anfühlt. Mit welchem haptischen Erlebnis kann das Produkt, das Angebot in Verbindung gebracht werden, und wie kann man dieses Erlebnis widerspiegeln? Da unser Gehirn haptische Eindrücke aus bisherigen Erfahrung kennt, muss haptische Kommunikation nicht immer bedeuten etwas tatsächlich Fühlbares anzubieten, es reicht manchmal auch schon aus an das Wissen, wie sich etwas anfühlt, zu erinnern!
Dabei können drei verschiedene Ziele verfolgt werden:
1. Erinnerung an einen Gegenstand (Flasche & Oberfläche fühlt sich wie eine Orange an)
2. Ansprache emotionaler Werte (das Fahrgefühl eines Sportwagens)
3. Fühlbares Erlebnis geben (Haut vor & nach der Nutzung einer Creme)
Hier ist definitiv Kreativität gefragt, um einen werberisch gesehen innovativen, sinnvollen und für den Kunden einleuchtenden Zusammenhang zu schaffen! Dabei sollte man auch überlegen, wann es überhaupt Sinn macht, Haptik in der Kommunikation einzusetzen und was man dabei beachten sollte.
- Relevanz: interagiert Ihr Produkt mit dem Körper eines Menschen?
- Markenanpassung: passt der Einsatz der haptischen Kommunikationsidee zum Image der Marke?
- Differenzierung: kann man sich mit einem bestimmten haptischen Erlebnis von der Konkurrenz abheben?
- Klarheit: kann der Produktnutzen so besser verdeutlicht werden?
- Verstärkung: wird die Aussage des Produkts, der Marke oder des Images unterstützt?
Es ist immer zu bedenken, dass das Konzept, Produkt und die Aussagen wirklich sinnhaft zusammenpassen müssen. Dramaturgie und Konzeptanpassung müssen eine stimmige Botschaft transportieren. Man kann nicht oft genug daran erinnern, dass „l’art pour l’art“ auch in der Werbung nicht funktioniert!
Wie schmeckt Glück, wie riecht Kompetenz, wie klingt Beständigkeit?
Notasensorik – integrierte multisensorische Markenbildung
Karsten KlepperGeschäftsführer, Corporate Senses Institut, München
Dass man tatsächlich herausfinden kann, welcher Geruch an Kompetenz, welcher Ton an Beständigkeit und welcher Geschmack an Glück erinnert, ist sicherlich das Highlight des Vortrags von Karsten Klepper.
Ganzheitlichkeit ist die Zukunft der Marken! Nur eine Marke, die ein kongruentes, übereinstimmendes Auftreten hat und keine Widersprüche zwischen den verschiedenen Kommunikationsmitteln produziert, wird in der heutigen Welt „überleben“. In der Fülle von Marken, Angeboten und Produkten kann sich eine Marke nur mit einem eindeutigen, unverwechselbaren und über mehrere Kanäle/Sinne kommunizierten Image behaupten. Bei jedem Kontakt muss ein ganz bestimmtes Kommunikationsziel verfolgt und so dauerhaft verankert werden. Andernfalls wird die Marke schlechter erinnert und verschwimmt in einer für den Kunden schwer fassbaren Uneindeutigkeit.
Sound, Logo, Design, Firmenfarbe etc. dürfen keine Konflikte auslösen und müssen ein und den selben Eindruck immer wieder verfestigen. Um dies seinen eigenen Zielen entsprechend und auch wirksam umzusetzen, muss man nicht nur seine Zielgruppe, sondern eben auch die Wirkung und Wahrnehmung von u. a. Tönen, Gerüchen und Farben kennen.
Wie klingt Glück, wie riecht Kompetenz? Das Corporate Senses Institut hat dafür spezielle Verfahren entwickelt und detailliert untersucht mit welchen Assoziationen Menschen u.a. Gerüche, Farben und Geschmäcker verbinden. Das klingt zunächst abstrakt – die Wirkung von Farben ist aber ein gutes Beispiel zur Verdeutlichung, da dies den meisten schon bekannt sein wird. Stark vereinfacht weiß man, dass Blau tendenziell eher kühl, seriös, technisch und/oder rational wirkt. Dagegen Rot mehr mit u.a. Leidenschaft und Temperament verbunden wird. Diese Eindrücke kennen wir nicht nur aus der Forschung, sondern auch von uns selbst, weil wir uns schon im Alltag mit der Wirkung von Farbe auseinandersetzen (z.B. bei der Kleiderwahl). Mit Gerüchen und Tönen ist es da nicht anders – wenn auch seltener bewusst wahrgenommen. So kann man auch herausfinden mit welchen Gerüchen oder Geräuschen bestimmte Assoziationen verbunden werden und diese bei der Kommunikation nutzen. Dieses detaillierte Wissen hebt den Einsatz multisensorischer Reize in der Kommunikation definitiv auf ein qualitativ höheres Level! Schließlich kann man so noch genauer überprüfen ob z.B. ein Jingle tatsächlich die beabsichtigen Inhalte kommuniziert und ihn mit wissenschaftlichen Daten abgleichen.
Für weitere Details steht Ihnen das Corporate Senses Institut sicherlich zur Verfügung! Für alle die erst mal den allgemeinen Überblick suchen, kann ich die Präsentation von Karsten Klepper empfehlen! Dort gibt es noch weitere Details und Tipps für Ihre Markenbildung mithilfe kongruenter multisensorischer Kommunikation! Schauen Sie doch mal ob z.B. Ihre Logofarbe zu der Aussage Ihres Slogans passt!
Dies ist der 2. Teil einer Artikelreihe. Einen » Überblick aller Artikel findest Du hier!
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