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Neue Erzählformen: Wie vermittelt man die Krisen unserer Zeit? – Interaktives Theater & Experiment

Von Katharina Stein 9.10.2024 ~5 Minuten Lesezeit

Wie erklärt man die drängenden Krisen unserer Zeit auf eine Weise, die Menschen nicht nur erreicht, sondern auch dazu motiviert, aktiv zu werden? Und wie kann die Live-Kommunikation mit ihren Erfahrungen dazu beitragen? Diese Fragen beschäftigen derzeit viele Menschen. So auch das Team der Agentur Onliveline.

In dem interaktiven Theaterstück „Everything is connected“ erkundeten sie gemeinsam mit Studio Trafique neue Ansätze, um die Komplexität unserer Welt verständlicher und greifbarer zu machen. Im Zentrum steht die Erkenntnis, dass die klassische Heldengeschichte – die lange Zeit als einfache, strukturierte Erzählform diente – angesichts der heutigen Herausforderungen an ihre Grenzen stößt.

Das Ende der Heldenerzählung?

In Hollywood, für Motivationskampagnen und bei Veränderungsprozessen diente die Heldengeschichte jahrelang als etabliertes Erzählmuster: Ein Held kämpft gegen einen klaren Feind, löst ein Problem und rettet die Welt. Doch wie wir alle wissen, ist unsere Welt alles andere als einfach. Es gibt keinen einzelnen Helden, keinen eindeutigen Feind, und die Probleme sind so komplex, dass kaum jemand sie vollständig versteht, geschweige denn einfach lösen kann. Rechte Gruppierungen nutzen diese narrative Einfachheit geschickt aus, indem sie sich selbst als Helden inszenieren, die gegen einen scheinbar klaren Feind kämpfen. Doch wie kann man sinnvoll darauf reagieren? Petra Lammers (CEO) und ihr Team suchen die Antwort in einer neuen, kollaborativen Erzählform.

Ein neues Narrativ: Erzählen, Verstehen, Handeln

Das Theaterexperiment, das im August 2024 an zwei Abenden in Köln stattfand, ging neue Wege, um die kollektive Verantwortung und die ständige Notwendigkeit des Verstehens und Handelns zu veranschaulichen.

Um möglichst viele Erlebnisdimensionen einzubinden, traten digitale und menschliche Protagonisten auf die Bühne: eine virtuelle 3D-Figur namens Yuki, ein KI-Hund namens Hank und menschliche SchauspielerInnen. Gemeinsam demonstrierten sie in unterhaltsamen Dialogen die Unzulänglichkeit der traditionellen Heldenerzählung. Kein einzelner Held wird die Welt retten – es liegt an uns allen. Und die Krisen unserer Zeit lassen sich auch nicht so einfach lösen – sie müssen verstanden und Stück für Stück angegangen werden. So rückte ein neuer Kreislauf ins Zentrum: „Erzählen, Verstehen, Handeln“.

In diesem Rahmen sprach die Aufführung beispielhaft zwei der drängendsten Krisen unserer Zeit an: Demokratie und Klimawandel. Nach einer thematischen Einführung wurden die Zuschauenden dazu eingeladen, sich aktiv an der Diskussion und Problemlösung zu beteiligen. Nach der Erzählung auf der Bühne ging es nun an das Verstehen, um sich im letzten Schritt den möglichen Handlungen zu widmen. Diese iterative Schleife verdeutlicht, dass es keine einfachen Lösungen gibt und dass der erste Schritt zum Handeln darin besteht, die wahren Probleme zu erkennen und zu verstehen.

Ein partizipatives Theatererlebnis

Das Konzept der Aufführung endet also nicht mit dem Schlussvorhang. Stattdessen wird das Gesehene mit dem Publikum diskutiert. Es wird Teil der Aufführung und des Prozesses. In Kleingruppen werden Meinungen, Erfahrungen und Ideen ausgetauscht und später strukturiert zusammengeführt. Dass dieser Ansatz etwas bewegt, zeigte sich schon bei den Premieren. „Die Teilnehmenden waren begeistert und voller Tatendrang“, berichtet Petra Lammers. „Wir haben noch lange zusammen gesessen und es war schnell klar, dass es dabei nicht bleiben kann.“

Aus dem partizipativen Format hat sich eine Gruppe gebildet, die das Projekt in die nächste Phase führen möchte. Im Zentrum stehen „StorytellerInnen, JournalistInnen, ModeratorInnen“, deren Rolle und Zusammenarbeit gestärkt werden sollen. Gemeint sind Menschen, die sich für gesellschaftliche Themen einsetzen, indem sie darüber sprechen, aufklären und mobilisieren. Ziel ist es, individuelles Wissen und Erfahrungen zu bündeln, besser auszutauschen und daraus starke Narrative zu entwickeln, die den notwendigen gesellschaftlichen Wandel vorantreiben.

Konkret: Was ist zum Beispiel Demokratie, wie können wir sie aktiv leben? Was können gute und zentrale Kernbotschaften sein, von denen sich Menschen wirklich angesprochen fühlen? Und wie können Kommunikationskanäle so miteinander verwoben werden, dass sie sich gegenseitig verstärken, ohne die eigene Identität aufzugeben? Mit diesen und anderen Fragen sollen sich Menschen aus allen Bereichen regelmäßig auseinandersetzen, voneinander profitieren und gemeinsam wirkungsvolle Kampagnen entwickeln.

Bessere Vermittlung in Schulen

Ein weiteres potenzielles und wichtiges Einsatzgebiet für das interaktive Theater ist das Bildungssystem. Die digitalen und interaktiven Elemente könnten jungen Menschen helfen, komplexe gesellschaftliche Themen besser zu verstehen und ihre eigene Rolle bei der Gestaltung der Zukunft zu erkennen. Erste Überlegungen und Ideen sind bereits in der Entwicklung.

Fazit

Aktuelle Entwicklungen machen deutlich, dass neue Erzählformen notwendig sind, um die Komplexität unserer Welt besser zu vermitteln. Initiativen und Ideen wie das interaktive Theaterstück können Wissen, Umdenken und Handlungskompetenz auf unkonventionelle Art und Weise anregen. Ein Konzept, das vor allem in lokalem Kontext und bei kleineren Gruppen Anwendung finden könnte.

Die Schleife aus Erzählen, Verstehen und Handeln ist wiederum ein strategischer Ansatz, der auch darüber hinaus helfen kann, die Krisen unserer Zeit anzugehen. Wie genau, das möchte das Kernteam künftig in regelmäßigen Demokratiediskussionen erarbeiten und in der Praxis ausprobieren.

Wer nun darauf brennt, daran mitzuwirken, ist herzlich eingeladen – einfach bei Petra Lammers (Linkedin) melden.

 

Fotos: Onliveline / Petra Lammers

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