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Kann Social Media ein Live-Erlebnis auch negativ beeinflussen? Bereicherung vs. Ablenkung

Von Katharina Stein 23.3.2015 ~7 Minuten Lesezeit

In den meisten Fällen gehen wir davon aus, dass Social Media für Events eine Bereicherung ist. Im schlechtesten Fall werden Angebote einfach nicht genutzt, aber schaden kann es ja nicht. Doch wir sehen immer öfter, dass Social Media und die permanente Smartphone-Nutzung zeitweise auch als störend empfunden werden. Sollten wir in diesem Kontext also hinterfragen, ob manche Social Media Angebote das Live-Erlebnis nicht auch mindern könnten?

Dass Social Media im Rahmen von Events viele Vorteile bietet, brauche ich nicht erneut zu erklären. Das an anderer Stelle oft genug thematisiert. Jedoch kann man bei aller Begeisterung nicht ausschließen, dass Social Media bzw. die Nutzung von Smartphones auch nachteilige Effekte für Veranstaltungen bergen können. In erster Linie geht es hier um verschobene Aufmerksamkeit, vom Live-Erlebnis hin zum Smartphone. Die Autoren einer aktuellen amerikanischen Umfrage schlussfolgern sogar, dass eine intensive Auseinandersetzung mit Social Media und Handy das Erleben und Genießen von besonderen Momenten mindert.

Die Umfrage von Joseph Grenny und David Maxfield befragte 1623 Personen zu ihrem Social Media Verhalten in privaten Lebenssituationen. Hier ist ein Teil der durchaus auch differenziert zu betrachtenden Ergebnisse:

  • 58% der Befragten gaben dabei zu, dass ein perfektes Foto für ein soziales Netzwerk, sie schon mal davon abgehalten hat, eine Situation richtig zu genießen.
  • 3 von 4 Personen stimmten zu, dass sie aufgrund der stärkeren Konzentration auf das Smartphone als auf andere Menschen, schon mal unhöflich waren oder sich von der Umwelt abgeschottet haben.
  • 91% gaben an, schon mal Touristen gesehen zu haben, die besondere Momente verpasst haben, weil sie versuchten sie für soziale Medien festzuhalten. Die meisten waren wenigsten so ehrlich zuzugeben, dass sie es selbst manchmal nicht anders machen.
  • 14% haben sogar mal die eigene Sicherheit für ein gutes Posting riskiert

Viele Antworten beschreiben laut Pressemeldung eine Art von vermindertem Genuss oder einem erhöhten Schuldgefühl. Zum Beispiel, weil man nicht richtig zugehört hat und nicht richtig anwesend war, während man Zeit mit anderen Menschen verbrachte. Wobei der „verminderte Genuss“ wohl eher als spekulative Schlussfolgerung gesehen werden darf und nicht als wissenschaftlich ermitteltes Ergebnis!

Statement der Autoren in der Pressemitteilung:
„Our key finding is that we enjoy important life moments less when we’re focused on capturing them rather than experiencing them,“ said Joseph Grenny, co-author of the study. „‚Likes‘ are a low-effort way to produce a counterfeit feeling of social well-being that takes more effort to achieve in the real world.“

David Maxfield adds: „If our attention is on an invisible audience rather than the present moment, we are disconnected. Our devices are beginning to control our attention and motivations in ways we may not even realize.“

 

Was bedeutet das für Social Media bei Events? Verteufeln oder Glorifizieren helfen nicht, aber zielgerichtetes Durchdenken!

Jetzt bitte nicht in eine einseitige Social Media Verfluchung oder Verteidigung verfallen! Das Ausmaß der Gefahr und die etwas dramatisierenden Aussagen dürfen und sollten differenziert betrachtet werden! Ein Facebook Post oder Blick auf das Handy wird bestimmt nicht ein ganzes Event vermiesen. Ständig am Handy zu kleben, anstatt sich mit Menschen auszutauschen, ist aber auch nicht Sinn eines Events – passiert aber auch eher selten.

So richtig überraschend und neu ist diese Erkenntnis auch gar nicht. Wir sehen immer öfter, dass Menschen regelmäßige Auszeiten vom Handy und den sozialen Medien brauchen, sie auch bei Events nicht nur akzeptieren, sondern auch begrüßen. Eine Entwicklung, die sich auch schon in der Eventbranche beispielsweise in sogenannten Digital Detox Camps widerspiegelt.

Aber was heißt das jetzt für Veranstaltungsplaner? Am Ende ist dieses beschriebene Verhalten zum größten Teil eine individuelle Entscheidung eines jeden Besuchers. Der eine „übertreibt“ es womöglich, der andere kann sich problemlos vom Handy lösen. Einfluss kann man nur bedingt darauf nehmen. Es sei denn, man verbietet wie in manchen Restaurants die Handy-Nutzung – was wohl eher selten eine Alternative ist.
Allerdings kann und sollte man als Veranstalter immer bewusst entscheiden, ob man Social Media Angebote im Rahmen des Events anbieten und damit die Nutzung seitens der Gäste fördern möchte oder nicht. Beides ist möglich und sinnvoll – sofern es durchdacht ist und das Konzept unterstützt! Bietet Social Media in Deinem Rahmen einen echten Mehrwert oder ein besonderes Erlebnis oder lenkt es womöglich zu sehr ab? Ist es Dir wichtig, möglichst viele Besucher z.B. live zu befragen oder einzubinden oder sollen sie eine Ausstellung vielmehr in aller Ruhe und mit allen Sinnen bewusst erleben? Ist es zielführend an jeder Ecke den Griff zum Handy anzuregen oder nicht vielmehr den Austausch unter den Anwesenden?

Das Besuchererlebnis steht immer im Mittelpunkt, nicht ein vermeintlich wichtiges technisches Feature. Das ist ganz wichtig zu verstehen und leider ein von Anfang an ein weit verbreitetes Missverständnis! Social Media ist kein Muss, sondern eine Option für Events. So wie alle anderen Bestandteile einer Veranstaltung kann es (richtig eingesetzt) das anvisierte Besuchererlebnis positiv, aber womöglich auch negativ beeinflussen.
Wichtig zu erwähnen ist auch, dass das aber nicht nur vom sinnvollen inhaltlichen Einsatz abhängt, sondern auch von Faktoren wie Benutzerfreundlichkeit oder dem Spaßfaktor eines technikbasierten Angebots!

Hier mal ein paar positive Beispiele, die einen sinnvollen oder erlebnisorientierten Einsatz von Social Media und Apps bei Events zeigen oder beschreiben:
» Wie man Social Media bei Großevents einsetzt – ein Praxisbeispiel
» Ein firmeneigenes Festival als Mitarbeiter-Event: ehrlich, authentisch, einzigartig
» Timetraveler: Augmented Reality App macht Geschichte der Berliner Mauer erlebbarer
» Das Ghostbusters Hotel und Event – Windows Phone 7.5

Ich würde an dieser Stelle auch negative Beispiele aufzählen – über die schreibt man nur seltener :) Aber Du wirst sicher auch schon mal erlebt haben, dass Angebote nicht nur schlecht gemacht, wenig sinnvoll oder gar störend waren. Ich sehe das z.B. oft auf Messen, einem an sich schon reizüberfluteten Event. Da soll man dann noch an einer lustigen Facebook-Aktion teilnehmen, die weder technisch noch inhaltlich sonderlich Spaß macht und zudem weit hergeholte Brücken zum Kernprodukt schlagen soll. Auch eine Twitter-Wall kann je nach Standort stören, z.B. auf einer Konferenz direkt neben dem Redner. Das ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll, da es wirklich sehr ablenkt!
Kernproblem ist jedoch nicht selten, dass ein Veranstalter wenig Erfahrung mit Social Media hat und Angebote ungünstig platziert oder einsetzt – oder eben auch nicht einschätzen kann, wann der Einsatz sinnvoll ist und wann eher nicht.

tl;dr
Die Entwicklung, dass Social Media zeitweise auch als störend empfunden wird, zwingt uns nur noch mehr dazu, uns auf einen sinnvollen und durchdachten Einsatz von Social Media bei Events zu konzentrieren! Lässt sich kein bedeutender Mehrwert im Sinne des Events finden oder könnte es von anderen, wichtigeren Aspekten ablenken, dann kann es deutlich konstruktiver sein, auch mal auf Social Media direkt vor Ort zu verzichten oder Angebote zu reduzieren. Auf eine gezwungene oder unpassende Aktion können wir alle gerne verzichten. Zudem kann ein bisschen mehr Ruhe in unserer hektischen Gesellschaft wirklich mal gut tun! Andererseits ist auch nichts gegen eine auf Konzept, Ziel und die Menschen angepasste, wohl dosierte, inhaltlich konsistente und das Erlebnis unterstützende Einbindung einzuwenden!

Alles andere bleibt der Vernunft und Selbstdisziplin eines jeden Menschen selbst überlassen! :)

Infografik: Social Media Verhalten – Ist ein Like wichtiger als ein Erlebnis?

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