Gute Ideen und Innovationen sind für viele Firmen und Agenturen heute wichtiger denn je. Das ist noch nicht allen so wirklich klar geworden – was mich bei dem Druck (durch anspruchsvolle Kunden, große Produktauswahl, neue Technologien, Globalisierung etc.) ziemlich wundert. ;) Doch selbst, wenn man das erkannt hat, ist der Weg zu neuen und guten Services und Produkten kein Leichtes. Die Quote gescheiterter Angebote ist hoch! Wie findet man eigentlich gute Ideen? Und wann ist eine Innovation wirklich gut und gewinnbringend?
Eine mögliche Lösung oder Hilfestellung bei diesem Prozess ist Design Thinking, sagt Johannes Puschmann. Er ist Mitglied bei What Would Harry Do und Coach für Design Thinking an der HPI Academy. Was es mit Design Thinking auf sich hat und wie man seiner Meinung nach gute Ideen entwickelt, haben wir ihn in einem Interview gefragt!
Interview mit Johannes Puschmann
Auf neue Ideen man muss ja erst mal kommen – und dann auch noch beurteilen, ob sie wirklich gut und sinnvoll sind. Wie findet man gute Ideen und wann ist eine Idee oder eine Innovation aus Deinem Blickwinkel „gut“?
Johannes: Viele glauben ja, dass gute Produkte oder Ideen einfach so entstehen oder Kreativität ein Talent ist, dass man ein paar kluge Köpfe an einen Tisch versammelt und dadurch großartige Ideen/Produkte entwickelt werden. Pläne beruhen häufig auf Annahmen oder auf einem Bauchgefühl und wenn Ideen getestet werden, dann mit einer Betaversion oder Qualitätskontrolle. Aber das reicht heute nicht mehr aus!
Beim Design Thinking versuchen wir Bedürfnisse oder Probleme aus Sicht der Kunden zu verstehen, also Empathie zu entwickeln. Erst wenn das Problem und die Bedürfnisse verstanden wurden, fangen wir an ein Produkt oder Service zu entwickeln. Mit Hilfe von Iterationschleifen, Rapid Prototyping und Kreativitätstechniken entwickeln wir ein nutzerorientiertes Produkt. Erst wenn das Produkt oder der Service den Nutzer zufrieden stellt, einen sogenannten WOW-Effekt auslöst und der Kunde sich nicht mehr vorstellen kann, ohne das Produkt oder den Service leben zu können, sprechen wir von einer guten Idee.
Dabei müssen gute Ideen aber nicht immer weltbewegende Produkte sein, manchmal sind es auch die kleinen Dinge, die viel bewegen. In einem zweiten Schritt geht es um die Umsetzbarkeit und Profitabilität der Idee. Wobei die Profitabilität immer auch vom Problem und Auftrag abhängig ist. Wenn wir zum Beispiel für eine NGO arbeiten, muss die Idee nicht immer profitable sein.
Meiner Meinung nach, kann man sich hier auch an dem orientieren was Steve Blank und Eric Ries prädigen: Eine gute Idee hat einen Kundennutzen, ist wiederholbar, skalierbar und besitzt ein profitables Geschäftsmodell.
Hat sich Deiner Meinung nach in diesem Bereich in den letzten Jahren etwas verändert? Sind „gute Ideen“ heute z.B. wichtiger oder auch schwieriger zu finden als früher?
Johannes: Firmen haben in der heutigen Zeit viele Herausforderungen zu bewältigen. Die Lebenszyklen eines Produktes werden immer kürzer. Die Erwartungen der Nutzer steigen. Neue Technologien und die Globalisierung ermöglichen es komplette Industriezweige in kürzester Zeit zu verändern. Auf diese Veränderungen müssen Firmen reagieren, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Kurzgefasst: Firmen stehen unter Innovationdruck und das bitte schön in immer kürzeren Abständen. Einige haben das erkannt. Immer mehr Unternehmen etablieren Innovationzentren und adaptieren verschiedene Prozesse, um innovativ zu sein. Dabei spielt meiner Meinung nach Design Thinking – also User Centered Thinking – eine große Rolle.
Es ist sehr wichtig, sich durch echte Innovationen von seinen Konkurrenten zu unterscheiden, nur so kann man einen Mehrwert für seine Firma erzeugen.
Es gibt ja aber auch einige Menschen, die beim Thema Innovationen gleich einwenden, dass langjährige Erfahrungen und Stabilität wichtiger sind, als immer wieder unsichere neue Lösungen. Wie siehst Du das?
Johannes: Stabilität und besonders Erfahrung spielen eine wichtige Rolle, wenn es um die Umsetzung von Innovationen innerhalb von Unternehmen geht. Experten wissen, was möglich ist und was nicht. Sie können uns helfen, Ideen einem Realitätscheck zu unterziehen. Besonders bei der Machbarkeit und Implementierung sind sie unabdingbar.
Nichtsdestotrotz haben viele Firmen verlernt ihren Kunden zuzuhören, ihre Perspektive einzunehmen und Produkte zu entwickeln, die auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtet sind.
Was ist in diesem Zusammenhang Design Thinking und welche(s) Problem(e) löst es?
Johannes: Design Thinking bietet einen Prozess an dem man sich orientieren kann. Der Design Thinking Prozess basiert auf einem tiefen Verständnis für die Bedürfnisse und aktuellen Herausforderungen der Nutzer (Empathie), Brainstorming, Out-of-the-Box Denken und Zusammenarbeit (Kreativität) und schließlich Experimentieren und analytisches Denken (Vernunft). Es bietet eine Balance zwischen analytischen und kreativen Methoden, um ein Problem zu lösen. Dabei hilft es vor allem sogenannte Wicked Problems zu lösen.
Mit Hilfe der Design Thinking Methode, wird das Risiko minimiert Produkte zu erzeugen, die vom Kunden nicht gewünscht oder gewollt sind, bevor es produziert wird.
Was unterscheidet Design Thinking von anderen Methoden?
Johannes: Design Thinking unterscheidet sich von anderen Methoden vor allem dadurch, dass es sich auf den Prozess konzentriert und nicht auf das Produkt. Es fokussiert sich auf das Lösen von Problemen, aber startet nicht mit einer bestimmten Lösung im Kopf (Priming Effekt).
Das Arbeiten in interdisziplinären Teams hilft Probleme und Lösungen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Darum verstehe ich Design Thinking vielmehr als Mindset und als eine Art Fahrplan, der den Aufbau erfolgreicher Dienstleistungen und Produkte unterstützt und dies nicht dem Zufall überlässt.
Vielen Dank für das interessante Interview!
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