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Gute Event-PR braucht ein Umdenken

Von Katharina Stein 29.9.2015 ~10 Minuten Lesezeit

Public Relations bzw. PR ist ein beflügelter Begriff. Denn neben dem sachlich gesehenen Management öffentlicher Kommunikation, verbergen sich hier oft große Hoffnungen und hehre Wünsche. Viele Events, Konferenzen oder Messen träumen davon, dass ihre Veranstaltung „Talk of the Town“ wird. Gerne beschäftigt man sich mit hoch gegriffenen Zielen, aber weniger mit dem Weg dorthin. Doch der PR-Erfolg fällt nicht vom Himmel, erfordert in der heutigen Zeit ein konsequentes Umdenken und eine Gratwanderung zwischen der informierenden PR und dem begeisternden Marketing.

Ein kommentiertes Gespräch mit Ingo Porstmann, Geschäftsführer von Pure Perfection PR, über seine Erfahrungen, Eindrücke und Erkenntnisse zum Thema Event-PR.

Gute Event PR braucht ein Umdenken

Ingo-Porstmann-Pure-Perfection
Ingo Porstmann, Pure Perfection PR

Denken wir an Event-PR, so denken wir direkt an konkrete Maßnahmen: Pressemitteilungen, Newsletter und Social Media. Doch damit überspringt und vernachlässigt man viele wichtige Aspekte! Gute Public Relations beginnen nämlich weitaus früher, wie uns auch Ingo Porstmann von Pure Perfection PR im Gespräch erzählt. Die aller erste Frage, die man sich seiner Meinung nach stellen sollte und die selten so deutlich formuliert wird: „Hat ein Event überhaupt das Potenzial für solch eine durchschlagende PR?“ Als überzeugter Veranstalter muss man das kurz sacken lassen…

Aber ja, dabei geht es nicht nur um eine selbstkritische Betrachtung der Möglichkeit, dass das eigene Event gegebenenfalls kaum PR-Potenzial hat. Es geht auch um das Bewusstsein, dass Event-Format und -Inhalt maßgeblich am PR-Erfolg beteiligt sind – und man es nicht alleine den PR-Leuten in die Schuhe schieben kann. Das hören die meisten Veranstalter nicht gerne, doch „PR wirkt dann am besten, wenn man etwas Interessantes zu erzählen hat“ meint der Fachmann.

Problematisch daran ist, dass viele Events sich in einem ambivalenten Umfeld zwischen Marketing und PR bewegen. „Marketing möchte überreden und PR überzeugen. PR zielt normalerweise auf Relevanz ab und steht dem Marketing deswegen nicht selten entgegen. Und viele Events sind marketingorientiert“, so Ingo. „Die Message frontal rauszuposaunen funktioniert nicht lange und macht müde. Immer nur Ich-Ich-Ich will keiner sehen und lesen. Es ist ein Perspektivwechsel nötig, der die Interessen der Menschen einbezieht.“ Dabei ist ein bisschen Werbung durchaus legitim. Ingo nennt das „Sandwich-Prinzip“: bei vier Themen sollten drei nützlich und einer werblich sein.

„Doch das, worum sich das Marketing oft bemüht, Markenbotschaften schicker zu machen, reicht in der PR nicht aus“, betont er. „Im Bereich der PR müssen Markenbotschaften auch informativ, relevant und nützlich sein.“

Wenn wir kurz die aktuellen Entwicklungen betrachten, sehen wir aber, dass man mittlerweile auch im Marketing ohne Relevanz schnell an seine Grenzen stößt. PR als trockene, wenn auch relevante Information kommt ebenso wenig voran. Ein deutliches Merkmal, wie sehr Marketing und PR in der heutigen Realität verschmelzen. Und damit haben beide Seiten so ihre Probleme. Der Werber kann nur schwer den Blick von sich selbst abwenden und der traditionelle PR-ler kann informieren, aber selten wirklich begeistern. Doch für gute PR, muss entweder die beratende Agentur oder das Unternehmen selbst dieses Umdenken hinkriegen, eine geeignete Event-Grundlage mit PR-Potenzial haben bzw. schaffen und einen guten Mittelweg der Kommunikations-Arten finden.

Besonders herausfordernd sind für Ingo dabei zwei Ausgangslagen. Zum einen ein sehr werbliches Ereignis. „Vor allem, wenn es um Earned Media, also der Versuch Inhalte auch über andere Medien zu streuen, geht. Für eigene Kanäle ist das weniger problematisch. Wobei es auch hier nicht immer leicht sein kann, die Begeisterung zu wecken, wenn etwas offensichtlich werblich ist.“ Zum anderen stellen sehr isolierte, einzelne Ereignisse eine Herausforderung dar, sagt er. Denn aus dem Nichts möglichst schnell, möglichst viele Menschen zu erreichen, ist nachvollziehbar schwer!

Man muss einen Story Kosmos um das Event spinnen

Doch wie sollte man nun konkret vorgehen? Ingo erklärt, dass man sich zuerst fragen muss, was für ein Format geplant ist. Ob es besagte Relevanz und PR-Potenzial hat oder doch rein unterhaltend ist? Potenzial hat es zumeist dann, wenn das Event selbst etwas zu sagen hat oder man in der Lage ist einen „Story Kosmos“, wie Ingo es nennt, darum zu spinnen.
Konferenzen haben zumeist aufgrund der vielen Inhalte etwas zu sagen, können aber auch thematische Schwerpunkte weiterspinnen. „Doch auch eine Award-Gala kann mehr als die Gewinnerliste zu veröffentlichen. Zum Beispiel in einer Art Magazin-Format Backstage-Infos, Interviews mit Stars anbieten, verschiedene Themenspektren aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten und so weiter.“

Für ihren Kunden S.Pellegrino, der den alljährlichen Award „The World’s 50 Best Restaurants“ sponsert, übernimmt die Agentur genau diese Aufgabe. „In diesem konkreten Fall geht es um Sterneküche: dort leiten wir also PR-Themen ab, die zum Event passen und die Zielgruppe interessieren. Beispielsweise sprechen wir über Trends und Entwicklungen der Sterneküche, über bekannte Köche und ihre Geschichten. Kurzum wir besetzen die Sterneküche thematisch.“

Bei der Entwicklung des eigenen „Story Kosmos“ muss man sowohl an gutes Material für die Medien denken, als auch darauf achten, dass sich die Zielgruppe inhaltlich als auch u.a. sprachlich wiederfindet. Hierfür arbeitet man im Grunde wie ein Journalist, meint Ingo. „Es ist gute Recherche notwendig, um Geschichten zu identifizieren. Um die Rosinen zu finden, muss man wissen, wann man wo sein muss – um die besten Bilder und Highlights einzufangen. Dafür muss man auch gut mit allen Beteiligten vernetzt sein.“ PR nur aus dem Büro heraus, wird im Event-Bereich also schwierig – eine Seltenheit ist es deswegen aber trotzdem nicht.

Gute PR ist keine Frage des Kanals

Erst wenn man sich darüber im Klaren ist, was man rund um sein Event erzählen möchte, kommt man zu der Frage, wie und wo man das am besten erzählt. Sprich die Formate und Kanäle, die zu Beginn kurz Thema waren. Der Ausspruch „form follows function“ hat auch hier seine Gültigkeit.
Dabei gibt es laut Ingo keine allgemein besseren oder schlechteren Formate. „Gute PR ist keine Frage des Kanals. Auch klassische Pressemitteilungen sind gute Werkzeuge. Es ist nur die Frage, was man da reinpackt!“

Bei den Formaten und Kanälen sollte laut Ingo aber nicht nur auf passende Auswahl und Inhalte, sondern auch auf den zeitlichen Einsatz achten. Event-PR braucht demnach eine Art zeitliche Dramaturgie. „Die Frequenz muss sich mit näher rückendem Event erhöhen.“ Ganz schlimm ist es aus seiner Sicht, wenn sich auf der Website über Tage und Wochen nichts tut. „Es muss nicht immer viel sein, aber Hauptsache es passiert regelmäßig etwas!“

Solch ein strategischer PR Aufbau, mit interessanten und relevanten Inhalten, führt letztlich dazu, dass das Event schon vorher beginnt und auch danach noch weiter geht. Das Event wird verlängert, Spannung und Begeisterung werden aufgebaut. „So entsteht ein Ereignis, das über viele Kanäle angekündigt und erlebbar wird.“

Das Potenzial guter PR reicht über die öffentliche Kommunikation hinaus

So viel Aufwand und Mühe für ein Event? Der Effekt guter PR wird häufig nur auf eine zeitlich begrenzte, öffentliche Kommunikation beschränkt. Doch Ingo verweist auch auf Argumente z.B. für die Sales-Abteilung. „Wenn S.Pellegrino einen Nachwuchs-Wettbewerb für Jungköche organisiert und sich somit für den Nachwuchs engagiert, kann das auch einen positiven Eindruck auf Kunden aus der Gastronomie machen.“

Dabei klingt heraus, dass für ihn einige Firmen und Veranstaltungen den PR-Faktor unterschätzen oder die Chancen einfach nicht vollends ausnutzen. „Für Veranstalter öffentlicher Events ist PR oft eine klare Sache. Für geschlossene Events deutlich seltener. Dabei steckt auch hier großes Potenzial.“ Vielleicht haben sich viele Firmen noch nicht mit der neuen Transparenz und Öffentlichkeit, die mit den sozialen Medien über uns hereingebrochen sind, angefreundet. Denn das birgt Chancen, aber aus Sicht vieler auch Gefahren. Welche Folgen hat es, wenn kurz nach einer großen und teuren Firmenfeier, einige Mitarbeiter aufgrund schlechter Lage gehen müssen? Doch das Argument lässt Ingo nicht gelten. „Dekadente Fotos vom Hummer sind wohl nicht angebracht, egal wann. Aber ein Firmenjubiläum auch öffentlich aufzugreifen, um die Historie zu erzählen, ist etwas anderes und sollte genutzt werden.“

Neben verschiedensten Bedenken, gestaltet sich die Argumentation für mehr Event PR auch in Bezug auf die Messbarkeit schwer. Klassische Werbung kann mit erreichten Kontakten und Kosten abgeglichen werden – ob das nun sinnvoll ist oder nicht. Bei Public Relations mit all den vielen verschiedenen Kanälen, Formaten, Wirkungsweisen etc. ist das schwierig. Ergebnisse sind weniger greifbar. So braucht es laut Pure Perfection häufig Kunden oder Firmen, die „visionärer sind und sich nicht alleine von Zahlen leiten lassen.“

Social Media Potenziale und Missverständnisse

Diese weniger zahlenorientierte Einstellung ist auch in konkreten Teilbereichen der PR, wie Social Media, von Vorteil. Denn nicht jedes Event oder vielmehr die wenigsten Events erreichen die beschworenen hohen Interaktionsraten in sozialen Netzwerken. Wie viele Likes, wie viele Shares, wie viele Kommentare – daran wird der Social Media Erfolg gerne gemessen. Die Enttäuschung ist in vielen Fällen vorprogrammiert. Ingo fordert bei Social Media mehr Realismus. „Man muss realistisch sein und verstehen, dass in erster Linie viel konsumiert wird. Das alleinige Erreichen von Menschen kann durchaus schon ein Erfolg sein. Dialog sollte möglich sein, aber man sollte ihn nicht erwarten. Dafür braucht es Realismus und eine Agentur, die nicht zu viel verspricht oder falsche Erwartungen weckt.“

Firmen mit Consumer-Ausrichtung kennen das zumeist schon aus eigener Erfahrung. Sie sind bereits bei Facebook & Co., nutzen die passende und lebendige Verbindung zwischen Events und Social Media. Viele B2B Firmen sind aber immer noch skeptisch, das bemerkt auch Pure Perfection. „Vielleicht liegt das am Blickwinkel, dass Unternehmen sich eben als Unternehmen begreifen und Social Media voll von Einzelpersonen ist. Daneben sind sie Herrn Müller nur aus der Produktion gewohnt und nicht privat, wenn er auch Katzenbilder postet“, vermutet Ingo. Dabei sind wir uns beide einig, dass gerade im B2B Sektor viele Themen existieren, die großes PR-Potenzial haben. Fachliche Artikel, Interviews, Case Studies – alles ideale Inhalte über die man Reputation gewinnt.

Ein weiteres, wichtiges Thema rund um Event-PR und Social Media ist laut Ingo der Freigabe-Prozess. „Bei dezentraler Arbeit vom Entscheidungsträger kann der Prozess der Freigabe schwierig werden. Daher sollte man über einen gut ausgearbeiteten Redaktionsplan möglichst viel abklären und möglichst viel vorbereiten. Man sollte genau wissen, was man wann und von wem braucht.“
Wenn alle Facebook-Postings vorher schon vorbereitet sind, könnte bei einem Live-Event aber einiges an Spontanität verloren gehen, kommt mir direkt in den Sinn. Ein Problem sieht Ingo da aber nur, wenn die Firma dynamisch, locker und cool rüberkommen möchte, aber ein ellenlanger und strenger Freigabe-Prozess letztlich nur verspätete und formelle Postings ermöglicht. „Hier müssen die Strukturen an die Ziele angepasst werden. Darüber hinaus sollte man wissen, ob das Event live eine hohe Relevanz hat und z.B. ein Livestream geschaut und kommentiert wird.“ Ob rege Live-Interaktion sinnvoll und möglich ist oder einige gute Nachberichte reichen, das hängt mal wieder von der zentralen Frage ab, die an dieser Stelle den Kreis zum notwendigen Umdenken schließt: Was möchte und was interessiert die Zielgruppe?

 


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» Erfolgreiche PR für Events: welche Maßnahmen Du wann ergreifen solltest – Infografik
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