Im Sommer 2008 veröffentlichte der damalige FME (Forum Marketing-Eventagenturen), mittlerweile im FAMAB aufgegangen, ein Positionspapier, das nach innen, aber auch nach außen ein positives Signal setzen sollte. Dieses ‚Qualitätskodex‘ genannte Verbands-Statement, von einer Handvoll hochkarätiger Experten aus Agenturen und Wissenschaft mit viel Emphase und Sachverstand erarbeitet, weckte die schönsten Hoffnungen. Ein Leuchtturm der Verbandsarbeit, mit dem heute noch geworben wird. Auch der Autor war begeistert.
Eine junge Kommunikationsdisziplin beweist Haltung
Mit diesem Kodex hatten sich die Mitgliedsagenturen so etwas wie eine Verfassung gegeben: Ein Bekenntnis zu Werten und Normen, ein klares Verständnis vom eigenen Wert und Wirken, ein Muster an Transparenz, eine Selbstverpflichtung, ein Qualitätsversprechen an die Kundschaft, eine Orientierung für Mitglieder und ihre Mitarbeiter. Ein Mission-Statement als Ergebnis von Reflexion auf hohem Niveau – Chapeau.
Einige Zitate als Beleg:
„Zugleich erfüllt diese umfassende und systematische Zusammenstellung obligatorischer Standards im Eventbereich auch eine dringend erforderliche Aufklärungsfunktion:
Der Qualitätskodex weist die Auftraggeber auf spezifische methodische Eigenheiten und Leistungsmerkmale dieser Fachsparte hin und hilft ihnen, sich bei der Auswahl und beim Einsatz geeigneter Kommunikationsexperten in dieser vielschichtigen Branche zurechtzufinden… Der FME-Qualitätskodex schafft Transparenz und Vertrauen und damit letztlich mehr Raum für Kreativität.“
„Zum Verständnis des vorliegenden FME-Qualitätskodexes ist es zweckdienlich, zwischen den folgenden drei relevanten Ebenen zu unterscheiden:
A. Die Leistungsfähigkeit bzw. das Potenzial der Agentur
FME-Agenturen legen offen und beschreiben die elementaren Merkmale ihrer Unternehmen, der Managementstruktur, Methoden, Menschen, Erfahrungen, Ausstattung, Ressourcen sowie der Partner und Netzwerke.
B. Der effektive Ablauf von Projekten
Initiativ für die ganze Branche zeigt der FME-Qualitätskodex hier beispielhaft ein Fünf-Phasenkonzept mit einer einheitlichen Begrifflichkeit auf, das die zielgerichtete Koordination und Steuerung aller Kontakte mit den Kunden (Veranstaltern) und deren Kunden (Teilnehmerzielgruppen) abbildet. Die eigentliche Optimierung besteht in der unmittelbaren Nachvollziehbarkeit, Überprüfbarkeit und Wiederholbarkeit der einzelnen Projektphasen vor, während und nach dem Projekt.“
Abgerundet wurde das Dokument durch ein Glossar und zahlreiche Schaubilder. Zu Recht war man damals sehr stolz. Wegen der positiven Außenwirkung unterzeichneten die Agentur-Chefs den Qualitätskodex demonstrativ, was scheibchenweise per Pressemitteilung kundgetan und auf der FAMAB Website veröffentlicht wurde. Einer derjenigen, die den Kodex nicht unterzeichneten, war der damalige FME-Präsident Volkwart Dams. Man kennt das aus internationalen Verträgen, die zwar feierlich beschlossen, aber dann einzelstaatlich nicht ratifiziert werden.
Nun ist die Ära Dams im Verband zu Ende und seit einiger Zeit ein neuer Vorstand am Ruder, dessen Tatkraft spürbar und dessen Stoßrichtung begrüßenswert ist. Eine neue Regierung pflegt zu Beginn ihrer Amtszeit immer einen Kassensturz zu machen. Im Falle des Qualitätskodex hat sich der Autor die Freiheit genommen, dies anstelle des Vorstands zu übernehmen.
Der FAMAB-Qualitäts-Kodex: Anspruch und Wirklichkeit
Die selbst aufgestellten Kriterien (vgl. Spaltenüberschriften) wurden für einen halbwegs repräsentativen Querschnitt der Mitglieder anhand ihres Internet-Auftritts überprüft. Vertreten sind große und kleine Agenturen, aus verschiedenen Regionen, Messebau-Firmen und die Unternehmen von einigen Präsidiumsmitgliedern (gekennzeichnet mit einem P). Geprüft wurde nur das Vorhandensein von Informationen, die in der Präambel des Kodex verpflichtend versprochen werden. Es muss eingeräumt werden, dass z.B. Nachhaltigkeit praktiziert werden kann, aber auf der Website nicht erwähnt wird. Das Kriterium der Gesetzestreue wurde bei allen untersuchten Firmen als gegeben unterstellt. Einzige Ausnahme: VOK DAMS, da gegen das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) verstoßen wurde (und nach Meinung des Autors nach wie vor verstoßen wird: wahrheitswidrige Behauptung: „weltweit erstes und einziges Institut für Live-Marketing“).
Tabelle: Wird auf der Firmen-Website über die im Qualitätskodex gelisteten Kriterien informiert?
Anmerkung: Eine nicht vorhandene Nennung oder Erklärung einer oder mehrerer Kriterien auf der Firmen-Website bedeutet nicht zwangsläufig, dass dieses Unternehmen diese Kriterien nicht erfüllt!
Das Ergebnis ist ernüchternd: von den 12 untersuchten Mitgliedern erfüllt nur der Messebaubetrieb von Hagen sämtliche selbst auferlegten Informationspflichten – als Präsident des FAMAB somit ein leuchtendes Vorbild. Als nachahmenswert in Klarheit und Vollständigkeit des Informationsangebotes präsentieren sich die Agenturen marbet, Pommerel und pro event.
Düster sieht es dagegen bei VOK DAMS aus: Diese Website repräsentiert ein Musterbeispiel an Verwirrung, Verwirrtheit und Intransparenz, nicht nur im Sinne der vom Qualitätskodex verlangten Informationen.
Fazit: Haltet den Dieb
Seit kurzer Zeit ist der Original-Qualitätskodex von 2008 aus dem Verkehr gezogen und durch ein zweiseitiges lapidares Papier ersetzt worden. Die alten Informationsverpflichtungen sind jedoch direkt und indirekt übernommen worden.
Was ist passiert? Waren die Agenturen zu mutig oder zu fortschrittlich? Sind sie im Rahmen der Neustrukturierung des Verbandes zurück gepfiffen worden? Oder ist es das heimliche Eingeständnis, dass man die eigenen Ansprüche nicht erfüllen kann, z.B. in Sachen Projektmanagement? Dazu müsste man die Mitarbeiter ja schulen. Das kostet bekanntlich Geld und Zeit.
Bedauerlicherweise verdient der FAMAB-Qualitätskodex seinen Namen nicht (mehr) – verstümmelt, verwässert und ohne Relevanz bei den Mitgliedern. » Hier geht es zum Original von 2008.
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