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Online versus Offline Events: wenn Trends sich selbst überholen

Von Katharina Stein 28.8.2014 ~8 Minuten Lesezeit

Trends sind wichtige Orientierungen für die Eventbranche und natürlich für die Wirtschaft an sich. In einer sich immer schneller drehenden Welt wird es aber immer schwieriger mitzukommen. In nur wenigen Jahren bilden sich Trends und kurz darauf Gegentrends. Zeit zur durchdachten Implementierung bleibt selten. Die Entwicklung hin zur Nutzung von Tablets und Smartphones bei Events und der wachsende Gegentrend sind ein spannendes Beispiel dafür.

Die Einbindung von beispielsweise Social Media und Event Apps bei Veranstaltungen hat sich hierzulande noch nicht wirklich etabliert, da steuert ein wachsender anderer Trend wieder in die entgegen gesetzte Richtung: der bewusste Verzicht auf elektronische Geräte. Dass Menschen immer öfter eine Auszeit vom Smartphone und Internet brauchen, ist auch hierzulande zu sehen. In den USA gibt es genau hierfür bereits hippe Eventformate: bei Digital Detox Camps sind elektronische Geräte verboten, Zeitpläne sind tabu, genauso wie Gespräche über die Arbeit und das Alter.

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So mancher Blogger und Journalist hat es schon mal probiert, einige Wochen oder Monate abstinent von elektronischen Hilfsmitteln und vornehmlich dem Internet zu leben. Auch wenn immer mehr Menschen sich von der technologiegetriebenen Beschleunigung gestresst und überfordert fühlen, ist der komplette Verzicht natürlich ein Extrem und keine Lösung für alle, die trotzdem noch am normalen, zeitgemäßen Berufsleben teilnehmen möchten. Die meisten möchten ja auch gar nicht komplett darauf verzichten. Ganz im Gegenteil, es bietet jedem Menschen, der Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft weitreichende und wichtige Vorteile – man denke nur an die Vernetzungsmöglichkeiten, die es dem arabischen Frühling und den Demonstranten geboten hat. Trotzdem bergen diese Möglichkeiten auch Gefahren und Nachteile, nicht nur aus Datenschutzsicht, sondern eben auch aus psychologischer Perspektive. Eine beschleunigte und stressende Arbeitswelt, immer mehr Krankentage und psychische Erkrankungen lassen grüßen. Begrenzte Phasen, in denen man auf elektronische Geräte ganz verzichtet, sich echten und körperlichen Erlebnissen bewusst und mit Ruhe widmet, werden daher immer wichtiger.

Die Auszeit vom Smartphone

Diese Entwicklung ist auch bei Events zu beobachten. Haptische und körperliche Erfahrungen bekommen als Gegenpol zum digitalen Arbeitsalltag einen wichtigen Stellenwert. In den USA kursiert das Ganze bereits unter einem hippen Namen, Digital Detox: eine zeitlich begrenzte Phase ohne elektronische Geräte. Darunter finden sich auch Events bzw. nostalgische Camps, deren Grundregeln verbieten alle elektronischen Geräte, Zeitpläne, Gespräche über die Arbeit und das Alter. Das Camp Grounded als ein Angebot aus dieser Kategorie möchte Erwachsenen die Möglichkeit bieten vier Tage lang wieder Kind zu sein. „Where grown-ups go to unplug, getaway and be kids again. Over 200+ lucky campers will take over this nostalgic scouts camp to celebrate what it means to be alive.“, heißt es auf der Website. Aktivitäten von gemeinsamem Tanzen und Singen über Origami und Stricken bis hin zu Wellness und Yoga sollen die Teilnehmer wieder erden.

Problematisch an solchen Angeboten wie Digital Detox Camps finde ich jedoch, dass es letztlich dann doch darum geht, Menschen durch eine kurze Auszeit wieder produktiver zu machen. Und nicht eine Gesellschaft ausgeglichener oder gar glücklicher. In der t3n heißt es in einem Zitat zum Thema : „Wenn wir – wieder aufgeladen – zurückkommen, sind wir produktiver und haben eine andere Perspektive […] Es ist außerdem wahrscheinlich, dass wir mindestens eine großartige Idee bekommen, während wir nicht darüber nachdenken.“ Das unterstützt meiner Meinung nach nur den Fehler, den wir langsam aber sicher erkennen: menschliche Effektivität ist nicht unendlich und hat eine Grenze. Wenn man diese nicht akzeptiert, schlagen auch prinzipiell positive Bemühungen irgendwann ins Gegenteil um.

Unabhängig von der Ausrichtungen dieses beispielhaften Eventformates, denke ich, dass wir in Zukunft mehr Veranstaltungen sehen werden, die nicht nur aus alter Gewohnheit oder Innovationsboykott, sondern trotz kompetenter Auseinandersetzung bewusst auf Dienste wie intensiver Social Media Einbindung, Event Apps und Co. verzichten bzw. sie reduzieren werden. Einfach nur, um Menschen die Möglichkeit zu bieten, sich in Ruhe auf Inhalte, Gespräche und Erlebnisse zu konzentrieren.

Wobei hier niemand, der bislang „diesen Technologie-Trend“ verteufelt hat, zu jubeln braucht! Der bewusste Verzicht bei Veranstaltungen wird sich sicher nicht ganzheitlich durchsetzen, sondern nur bei bestimmten Events auftauchen. Eine Messe oder Konferenz wird ganz bestimmt nie auf die technologischen Möglichkeiten verzichten! Es ist der ausgewogene und zielorientierte Mix je nach Teilnehmern und Ausrichtung des Events, der zählt.

Die Auszeit vom selbstverwirklichenden Job

Ein weiterer an dieser Stelle erkennbarer Trend, der in eine ähnliche Richtung geht und eigentlich nur still und leise nebenbei auftaucht, ist die erneute Trennung von Privatleben und Beruf. Gespräche über den Job und auch die Nutzung von Fachbegriffen sind in Digital Detox Camps unerwünscht. Es ist also nicht nur eine Auszeit vom Smartphone, sondern auch von der Arbeit!

Dabei versuchen wir als junge, deutsche Generation gerade zu verdeutlichen, dass Privatleben und Beruf für uns immer mehr miteinander verschmelzen, dass wir uns mit dem Job identifizieren und selbst verwirklichen möchten. So manchen Arbeitgeber wird das nun endgültig verwirren. „Wie? Zuerst können Arbeit und Privatleben nicht eng genug miteinander verbunden sein und jetzt beginnt man es wieder zu trennen?“. Ich gebe zu, dass das nicht leicht zu verstehen ist. Jedoch geht es hier letztlich um Ausgewogenheit. Vor allem Tech-Firmen in den USA bieten ihren Mitarbeitern viele attraktive Zusatzangebote, die zwischen privaten und beruflichen Aktivitäten immer weniger unterscheiden. Dafür erwarten sie aber auch viel: einen 24 Stunden Dienst – zumindest im Kopf.
Wer selbst ein paar Jahre vielleicht selbständig war oder sich mit seinem Job sehr verbunden fühlte, wird das Gefühl kennen, dass die berufliche Tätigkeit für das eigene, auch private Wohlbefinden sehr wichtig ist, andererseits man manchmal das Gefühl hat wahnsinnig zu werden, weil sich die Gedanken nur noch um Arbeit, neue Ideen, Innovationen etc. drehen. Beim Essen, beim Treffen mit Freunden, beim Sport, überall rechnet man mit guten Ideen und Anregungen. Das macht einerseits Spaß und ist auch wichtig, aber irgendwann wird es einfach zu viel. Ganz schlimm wird es, wenn Selbstverwirklichung zur Selbstinszenierung wird. Es ist nicht selten eine Frage der Selbstdiziplin dem entgegen zu wirken. Extreme sind nun mal nicht gesund – auch wenn sie noch so selbstverwirklichend daher kommen. Wenn man hierfür Events braucht, die einen dazu zwingen, sollten alle Alarmglocken klingeln! Hier können und sollten wir vorzeitig aus den Fehlern und Entwicklungen anderer lernen.

Flexibilität & Veränderung als einzig beständige Trends

Mit generationentypischer Wankelmütigkeit oder Unentschlossenheit haben diese gegensätzlichen Trends aber wenig zu tun, auch wenn man das vermuten mag. Da sich nicht nur technologisch, sondern auch gesellschaftlich und wirtschaftlich aktuell sehr viel und vor allem sehr schnell bewegt, befinden wir uns auch als Gesellschaft in so etwas wie einer ständigen Test-Phase: Entwicklungen werden gelebt und praktisch erprobt, bringen aber schon nach einer verhältnismäßig kurzen Zeit erneute Änderungen und Optimierungen mit sich. Was ist gut? Was ist vielleicht doch zu viel? Innerhalb von wenigen Jahren können neue Ansätze eingebracht, von den Schnellsten übernommen werden und sich zumindest teilweise wieder als problematisch herausstellen. Ähnlich wie Zeit Online kürzlich feststellte, dass der grundsätzlich positive Ansatz des Social Sharings oder der Sharing Ecomony nun langsam ins Gegenteil verkehrt wird. Und das innerhalb von wie vielen Jahren seitdem es dieses Phänomen im Internet überhaupt gibt? Circa fünf!

Von Start-Ups und innovativen Unternehmen wird gefordert, Prozesse möglichst schnell in der Praxis zu testen, dabei Fehler oder Probleme nicht zu vermeiden, sondern sie vielmehr so schnell wie möglich zu erkennen. „Fail Faster“ heißt das Kredo, das sich jetzt wohl so langsam auch in gesellschaftlichen Entwicklungen wiederfindet. Die Schnelligkeit unseres Lebens und der marktwirtschaftliche Hunger nach dem schnellem Hype und Geld tragen dann nicht selten dazu bei, dass sich solche Entwicklungen in sehr einseitigen, extremen und gegensätzlichen Trends äußern. Ob und welchen man folgt oder nicht, bleibt einem selbst überlassen. Nichtsdestotrotz heißt das für Firmen, weniger auf einzelne Richtungen und Trends hinzuarbeiten, sondern mehr an der eigenen Flexibilität zu arbeiten: sicher ist nur noch die Veränderung, in welche Richtung, weiß keiner.

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